"Wir haben viel Verantwortung"
Pia A. Döll: Es fühlt sich erst mal gut an, jetzt alle Informationen aus erster Hand zu bekommen. Allerdings ist es eine ehrenamtliche Aufgabe, d. h. man muss sich im Klaren darüber sein, dass man sein Büro in der Zeit herunterfahren muss, sonst ist es zeitlich nicht zu schaffen.
Pia A. Döll: Mir ist wichtig, dass die Innenarchitekten mehr gehört und gesehen werden. Die Hochbauarchitekten stellen bundesweit die größte Gruppe und wir Innenarchitekten werden, zusammen mit den Stadtplanern und Landschaftsarchitekten, in den Architektenkammern oft weniger stark wahrgenommen. Häufig wird davon ausgegangen, dass wir uns nur um die Wohnungen reicher Leute kümmern, ein bisschen die Kissen rücken und Farbe reinbringen. Aber so ist es nicht. Es sind längst nicht nur die Reichen und Schönen, für die wir arbeiten, sondern ebenso ganz andere Nutzergruppen. Wir bauen Flüchtlingsunterkünfte, Kindertagesstätten, Busstationen oder Wartehallen – Orte die sehr wichtig sind. Deshalb ist es mir ein Anliegen, deutlich zu machen, was Innenarchitekten alles leisten. Das neue BDIA Handbuch Innenarchitektur, das im Mai 2020 erscheint, legt den Fokus auf öffentliche Innenräume. Gut gestaltete Interiors in Arztpraxen oder Rathäusern sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens, hier ist gute Innenarchitektur gefordert.
Pia A. Döll: Ich würde sagen, gravierend. Natürlich im Hinblick auf die Digitalisierung, aber auch in den Strukturen hat sich viel geändert. Es gibt z.B. mittlerweile mehr angestellte Innenarchitekten als Selbständige.
Pia A. Döll: Ich denke, das ist auch eine Generationen-Frage. Die jungen Leute haben weniger Mut, sich selbstständig zu machen und ziehen oft die sichere Anstellung vor. Und im Moment suchen die großen Büros auch händeringend (Innen-)architekten. Viele der umfangreichen öffentlichen Aufträge gehen an die großen Büros.
Pia A. Döll: Ja, zum einen – und zum anderen auch der zunehmenden Spezialisierung. Viele meiner Kollegen arbeiten überwiegend an kleinen, feinen Projekten. Das sind sehr oft Ein-Mann-, bzw. Ein-Frau-Unternehmen, 80% der Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in Deutschland sind Frauen. Wovon interessanterweise die meisten, die in den größeren Büros arbeiten, nicht in den Chef-Etagen ankommen. Als Berufsverband ist es auch unsere Aufgabe, die Mitglieder/innen zu fördern. Über Schulungen, Austausch mit Kollegen, Netzwerke, sich gegenseitig zu unterstützen und sich für bestimmte Projekte zusammenzutun. Denn die Arbeitsfelder in der Innenarchitektur sind extrem breit gestreut. Man kann nicht alles wissen. Ich arbeite viel im Bereich Räume für Kinder/Kitas. Das ist ein völlig anderes Gebiet als die Einrichtung von Hotels oder Laden- und Messebau. Jeder Bereich hat eigene Anforderungen. Sie können nicht effektiv arbeiten und ihr Geld verdienen, wenn Sie in eine Thematik komplett neu einsteigen und sich alles neu erarbeiten müssen. Denn die ganzen Regularien, Gesetze, Voraussetzungen, Bedingungen sind immer anders. Da ist es sinnvoll, sich zu spezialisieren oder mit anderen Büros zu kooperieren.
Pia A. Döll: Ja, und das ist auch enorm wichtig. Die gebaute Umwelt und der Innenraum wirken auf uns alle. Und wie eine Gesellschaft funktioniert, hängt auch stark mit der Architektur und Innenarchitektur zusammen. Es macht etwas aus, wie das Rathaus gestaltet ist, ob die Bürger gerne hereinkommen oder nicht. Es macht einen Unterschied, wie Versammlungsstätten gestaltet sind, wie das Licht dort ist usw. Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass wir eine große Verantwortung für die gebaute Umwelt und die Menschen haben. Wir sind der Baukultur verpflichtet. Die Bundesstiftung Baukultur zeigt das.